Naturheilkunde und Schulmedizin – Was ist der Unterschied?

Unter dem Begriff Schulmedizin werden alle diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zusammengefasst, die dem Denkansatz von Ursache und Wirkung folgen. Diese sind mit wissenschaftlichen Methoden objektiv nachweisbar.

 

Die Sichtweise der medizinischen Ausbildung richtet sich bis heute vorwiegend auf die Behandlung von Krankheiten und nicht auf die Vermeidung von deren Entstehung. Seit einigen Jahren findet jedoch ein langsames Umdenken statt. Immer mehr Mediziner erkennen an, dass eine naturheilkundliche Behandlung die schulmedizinische zum Wohle des Patienten unterstützen kann. Zunehmend erwerben Ärzte eine naturheilkundliche Zusatzqualifikation.

Während die klassische Schulmedizin primär die Symptome der Krankheit betrachtet und diese durch Entfernen, Ersetzen oder Ergänzen behandelt, hat die Naturheilkunde die Gesundheit und deren Stärkung im Fokus. In der naturheilkundlichen Medizin kann eine Erkrankung nur durch eine Behandlung gemildert oder geheilt werden, die auf den gesamten Körper einwirkt und das verlorene Gleichgewicht wieder herstellt. Meistens sind verschiedene Behandlungsansätze in Kombination sinnvoll.

Klassische Naturheilverfahren sind heute weitgehend in die Schulmedizin integriert und werden dort vielfach angewandt. Sie umfassen die Bereiche Entspannung, Ernährung, Bewegung, die Behandlung mit verschiedenen Formen von Reizen der Wasser-, Thermo- und Lichttherapie sowie Wirkstoffe aus Pflanzen (Phytotherapie). Diese Verfahren eignen sich hervorragend zur Vorbeugung von Krankheiten (Prävention). Bewährt hat sich die Naturheilkunde aber auch bei chronischen Erkrankungen.

Bei akuten Krankheiten, wie z. B. Krebs, kann sie unterstützend zur Schulmedizin eingesetzt werden, da sie die Selbstheilungskräfte des Organismus stärkt. Die Naturheilkunde darf jedoch nicht als Alternative zu einer Chemotherapie oder anderen Tumorbehandlungen angewandt werden.

Der große Vorteil der meisten naturheilkundlichen Maßnahmen, wie z. B. der Kneipptherapie, ist, dass sie nach einer Einführung durch Fachpersonal vom Patienten im häuslichen Umfeld selbst durchgeführt werden können. Zudem gibt es fast keine Nebenwirkungen und die Kosten sind verhältnismäßig gering.

Pflanzliche Arzneien & Homöopathie

Viele Menschen halten Arzneien, die rein pflanzlich sind, Homöopathie und naturheilkundliche Verfahren für völlig frei von Nebenwirkungen und daher harmlos. Zudem wird fälschlicherweise oft in chemische und natürliche Stoffe unterschieden. Tatsächlich wurden jedoch viele Arzneimittel der Allopathie (Schulmedizin), wie z. B. Aspirin, aus Naturstoffen entwickelt oder diesen nachempfunden.

Pflanzliche Arzneien in Form von Tees, Pflanzensäften, Extrakten, Kräuterdragees, Badezusätzen und Salben enthalten chemische Substanzen, die den Pflanzen durch Trocknen oder Lösen in Alkohol entzogen werden. Sie sind in der Regel gut verträglich und weitestgehend frei von Nebenwirkungen, allerdings können diese nie gänzlich ausgeschlossen werden. Phytotherapie, die Kräuterheilkunde, ist keine Alternative zur Schulmedizin, sondern ein anerkannter Teil der heutigen, naturwissenschaftlich orientierten Medizin.

©Udo_Kroener_Adobe_Stock_Fotos

Homöopathische Mittel hingegen sind sehr stark verdünnte Substanzen, die keine nachweisbaren Wirkstoffe mehr enthalten. Aus diesem Grund ist diese Behandlungsform völlig nebenwirkungsfrei. Allerdings ist auch die Wirksamkeit nicht wissenschaftlich belegt, medizinische Studien haben ergeben, dass diese nicht über den Placebo Effekt hinaus reicht. Dieser kann, je nach Studie, zwischen 20 und 60 Prozent liegen.

Naturheilkundliche Verfahren wiederum setzen den Körper im Zuge der Behandlung sanften Reizen aus, durch die eine heilende Reaktion erwirkt werden soll. Auch diese können unerwünschte Nebenwirkungen haben. Daher wird der Behandelnde immer eine langsame Gewöhnung unter Beobachtung der körperlichen Reaktionen verordnen. Jeder Patient reagiert anders, daher wird die Dosierung individuell langsam gesteigert.

Abgrenzung zur Alternativen Medizin

Homöopathie ist keine naturheilkundliche Behandlungsmethode, sie ist der Alternativmedizin zuzuordnen. Diese wird auch als Glaubens- oder Paramedizin bezeichnet. Zu diesen alternativen Methoden gehören alle Verfahren, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nicht belegt und auch nicht plausibel ist. Die Behandelnden bieten sie in der Regel als Alternative zu Methoden der Naturheilkunde sowie der Schulmedizin an. Beispiele für Alternative Behandlungsformen sind Geistheilung, Kinesiologie, Bach-Blüten- und Farbtherapie.

Patienten, die eine Behandlung mit naturheilkundlichen Maßnahmen wünschen, sollten daher grundsätzlich einen Arzt oder Behandler mit einer anerkannten medizinischen Ausbildung und der entsprechend nachweisbaren Zusatzqualifikation der Naturheilkunde zu Rate ziehen.

Mehr Informationen zur naturheilkundlichen Kneipp-Therapie erfahren Sie hier.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Text in der Regel die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat ausschließlich redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

Titelbild: ©sementsova321-stock.adobe_.com

Ein Kommentar zu “Naturheilkunde und Schulmedizin – Was ist der Unterschied?

  • Herzlichen Dank für diese fundierte Differenzierung zwischen Phytotherapie und Homöopathie! In meinem Praxisalltag stelle ich fest, dass die wenigsten Patienten diesen fundamentalen Unterschied kennen. Phytotherapeutika sind bei einigen Erkrankungen Bestandteil der Leitlinientherapie. Sie haben häufig eine sehr starke Wirkung und müssen daher auch auf Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten überprüft werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert