Ein Garten voller kleiner Helferlein

In einer anderen Ecke des Kurparks wartet schon Apotheker Dr. Hans Horst Fröhlich auf uns. Das kleine Körbchen für die Kräuter steht ebenfalls parat.

Dr. Hans Horst Fröhlich

Denn jetzt erfahren wir nicht nur, welche Pflanzen und Gewächse hier im Duft- und Aromagarten zu finden sind, sondern wir gehen auch gleich auf eine kleine Sammeltour für das Mittagessen. Doch so schön alles hier blühen mag, der Garten hält für unsere Nasen auch einige Herausforderungen bereit. Nicht lange nach der Pfefferminzwiese und den Kneipprosen erwartet uns die sogenannte Stinker-Gruppe – und die macht ihrem Namen alle Ehre. Auf einer Fläche von 3.500 Quadratmetern sollte es schließlich ein Plätzchen für alle geben. So auch für einen alten Bekannten aus der Bibel: den „Brennenden Busch“. Allerdings ganz ohne Feuer. In Bad Wörishofen sind die Temperaturen dann doch etwas zu niedrig, um die austretenden ätherischen Öle des Diptam albus (so sein Rufname unter Botanikern) zu entflammen.

Im Aromagarten

Aber zurück zur Führung: Egal, wohin Dr. Fröhlich blickt, er erspäht sofort wieder ein nützliches Kraut und weiß natürlich auch, wozu man es gut gebrauchen kann. Minze gegen Kopfschmerzen. Weißdorn bei leichten Herzproblemen. Traubensilberkerze bei Beschwerden in den Wechseljahren. Salbei gegen Schwitzen. Lindenblüten zum Schwitzen. Nachtkerze bei Neurodermitis. Nelken bei Zahnschmerzen. Und so weiter und so fort. „Fast für jede Krankheit gibt es die richtige Anwendung mit dem richtigen Kraut“, erklärt der Pflanzenexperte und bückt sich, um einen kleinen Büschel Thymian abzuschneiden. Der würzt später nicht nur unseren Dip, sondern hilft auch bei Erkältung.

Dr. Hans Horst Fröhlich bei der Kräuterernte

Weiter geht unsere botanische Reise zurück in die Zeit, als all dieses Wissen um die heilende Wirkung der Kräuter fast nur den Mönchen in den Klöstern bekannt war. In den drei historischen Heilkräutergärten erzählt Bad Wörishofen die Entwicklung der Naturheilkunde und deren wichtigsten Wegbereitern. Der mittelalterlich gestaltete Walahfrid-Strabo-Garten erinnert etwa an den Kräutergarten des Inselklosters am Bodensee, dem der damalige Abt im frühen 9. Jahrhundert das bekannte Lehrgedicht „Hortulus“ widmete. Dieses Gedicht zählt zu den ältesten gartenhistorischen Quellen im deutschen Sprachraum. In 444 Versen werden 24 Heilkräuter, Küchen- und Zierpflanzen beschrieben. Der zweite Garten befasst sich mit dem Erbe von Leonhart Fuchs. In seinem bedeutenden Werk „New Kreüterbuch“ zeigen 511 Holzschnitte den medizinisch-botanischen Wissensstand vom Beginn der Zeitrechnung an bis in das 16. Jahrhundert. Ganz im Sinne des damaligen Stils der Renaissance ist der Garten in den streng geometrischen Formen angeordnet. „Das Besondere hier ist, dass erstmals Zier- aber auch Giftpflanzen Einzug in die Lehrgärten erhielten“, weiß Fröhlich. Nur eines der vielen Details.

Immer wieder schließen sich uns andere Menschen an und lauschen gespannt seinen Ausführungen. Einige kommen zum Flanieren hierher oder sitzen einfach auf einer Bank und genießen die Gärten. Andere wiederum sammeln wie wir in Mundraub-Manier kleinere Mengen Kräuter ein. Unser letzter Schwenk führt uns schließlich in den Kneippgarten. Die klangvollen Namen der einzelnen Beete wie „Magen“, „Niere“ oder „Herz“ verraten, für welche Organe welche Pflanzen aus der Kneipp’schen Apotheke Wirkung finden. In seinem 1886 erschienenen Bestseller „Meine Wasserkur“ beschrieb Pfarrer Kneipp über sechzig Kräuter und Mineralien zur Zubereitung von Tees, Tinkturen, Pulvern und Ölen. Die Wirkung der meisten dieser Heilkräuter wurde von der modernen Wissenschaft bestätigt.

Magenkräuter

Ausgestattet mit einem bunten Kräuter-Mix aus allen Gärten machen wir uns auf Richtung Küche. Für alle Interessierten: Es gibt sogar eine eigene Kneipp’sche Kochbuchreihe mit vielen kulinarischen Köstlichkeiten für jede Jahreszeit. Erhältlich in der Gäste-Info oder im Online-Shop.

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