Nobelpreis erhärtet die Thesen Kneipps – Nobelpreis für Medizin 2021 & Sebastian Kneipp

Die Fähigkeit Druck, Hitze und Kälte zu fühlen, ist überlebenswichtig. Für die Entdeckung von Sinnesrezeptoren für Temperatur und Berührung im Körper ging der Nobelpreis für Physiologie und Medizin im Jahr 2021 an zwei Forscher.

Ein Preisträger ist David Julius, ein US-amerikanischer Sinnesphysiologe. Er kam seiner Entdeckung mit Capsaicin, das aus Chilischoten gewonnen wird und ein brennendes Gefühl hervorruft, auf die Spur. Mithilfe dieses Wirkstoffes konnte Julius einen Sensor in den Nervenenden der Haut nachweisen, der Hitze identifiziert. Dieser Sensor, das Protein TRPV1, ist unter anderem an der Regulation der Körpertemperatur beteiligt.

Der andere Preisträger ist Ardem Patapoutian, ein libanesisch-amerikanischer Molekularbiologe und Neurowissenschaftler. Ihm gelang es mittels druckempfindlicher Zellen, eine neue Klasse von Sensoren zu entdecken, die an vielen grundlegenden Körperprozessen beteiligt sind. Unabhängig voneinander haben beide Forscher zudem einen Kältesensor entdeckt.

Das Nobelpreis-Komitee begründete seine Entscheidung damit, dass durch die Entdeckung das Verständnis, wie unser Nervensystem Wärme, Kälte und mechanische Kräfte wahrnimmt, verbessert wurde und dadurch entscheidende Lücken im Zusammenspiel zwischen unseren Sinnen und der Umwelt identifiziert werden konnten.

Gut 140 Jahre zuvor scharte Pfarrer Sebastian Kneipp Ärzte und Wissenschaftler um sich. Immer mehr Menschen aus der ganzen Welt reisten nach Bad Wörishofen, die seine vermeintlich neue „Wasserkur“ kennenlernen und mit ihr gesunden wollten. Kneipp selbst aber wollte, dass sein Verfahren geprüft würde und es mittels seriöser Studien gelänge, seine Wirkkraft zu beweisen. Er wünschte sich nichts mehr, als seine Gesundheitslehre auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen und dieses Wissen der gesamten Menschheit zur Verfügung zu stellen.

Wissenschaftlich evaluierte Studien zur Wirksamkeit der Kneipp-Kur gibt es inzwischen einige. Sie bestätigen, dass regelmäßiges hydrotherapeutisches Training das vegetative Nervensystem ausgleicht, psychisch stabilisierend wirkt und eine günstige, lange anhaltende Wirkung auf den menschlichen Stoffwechsel hat. Die Wirkungen von Wasseranwendungen zeigen sich in gesteigerter Durchblutung, Stärkung des Immunsystems, in Schmerzlinderung sowie gesteigertem Stoffwechsel.

Nach heutigen Erkenntnissen ist vor allem der Kältereiz für die medizinische Wirkung der Wasseranwendungen verantwortlich. Vermittelt wird diese Wirkung durch Reizung der Druck- und Mechanorezeptoren (Sinneszellen, die mechanische Kräfte in Nervenerregung umwandeln) sowie durch Thermo- und Schmerzrezeptoren, die eine vegetative Umstimmung und Regulation (Aktivierung bzw. Hemmung von Botenstoffen wie z.B. Interferone) zur Folge hat.

Mit ihrer Arbeit haben David Julius und Ardem Patapoutian zum Verständnis beigetragen, wie Reizübermittlung auf unserer Haut stattfindet. Mit diesen Erkenntnissen können unter anderem auch die Reaktionen unseres Organismus auf Kneipp-Anwendungen beschrieben werden.

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