„Die lange Nacht des Waldes“

Ein kleiner Flyer, den ich zufällig an der Gäste-Information im Kurhaus entdecke, macht mich neugierig: „Die lange Nacht des Waldes“, die das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aus dem benachbarten Mindelheim Mitte September im Wörishofener Wald veranstaltet. Ich finde das eine tolle Idee, hat unser Wörishofer Wald doch so viel zu bieten. Er ist übrigens auch einer der wenigen anerkannten Bayerischen Erholungswälder! Und die Veranstaltung ist auch noch kostenfrei. Da möchte ich dabei sein, denke ich mir, und trage den Termin fest in meinem Terminkalender ein.

Heute ist es nun soweit. Das Wetter ist trocken, es hat abends noch immerhin 15 Grad. Um 19 Uhr fahre ich mit meinem Rad zum Jagdhäusle, das ich nach drei Kilometern in 20 Minuten erreiche. Einige Besucher sind sogar schon da. Auch Bekannte aus Wörishofen treffe ich und wir plaudern darüber, was uns wohl erwartet. Nach und nach treffen immer mehr Gäste ein und um kurz nach halb acht geht es los. Die ganze Gruppe, ich schätze so an die 80 Personen, wandern durch den abendlichen, schon leicht herbstlich angehauchten Wald. Es geht in Richtung „Teufelsküche“. Gleich um die erste Kurve erleben wir einen Märchenwald. Hier sind Bäume, Äste und der Waldboden in blauen, roten, und grünen Farben angestrahlt. Was für eine tolle Wirkung! Und alle, Groß und Klein, bestaunen das eindrucksvolle Bild.

An der zweiten Station, dem „Ort des Feuchtgebietes“ auf dem Kneipp-Waldweg, erwartet uns Gerold Herzig aus Bad Grönenbach. Hier erfahren wir sehr viel und auch viel Neues über die Fledermaus. Zum Beispiel, dass Fledermäuse eine Herzschlagfrequenz von 800 Schlägen pro Minute haben – im Gegensatz zu uns Menschen mit durchschnittlich 70 Schlägen pro Minute. Dass es weltweit 1.200 verschiedene Fledermausarten gibt, in Deutschland dagegen nur 25 und im Allgäu 18. Ihre Schreie können 1.200 Dezibel Lautstärke erreichen, die wir aber gar nicht hören. Und Fledermäuse werden immerhin bis zu 41 Jahre alt.

Jetzt haben auch die letzten Nachzügler zur Gruppe aufgeschlossen, sodass wir nun schon ca. 100 Personen sind. Kurz nach acht ziehen wir weiter. Es ist inzwischen dunkel geworden und immer mehr Taschenlampen leuchten auf. Gut, dass ich meine „Hirabira“ und meine Taschenlampe auch dabei habe!

Nach wenigen Minuten kommen wir zur nächsten Station. Hier erzählt eine Dame Geschichten in schwäbischer Mundart. Da mir das persönlich nicht so liegt, mache ich mich auf zur Forsthütte mit seiner Verpflegungsstation. „Bin ich hier jetzt schon am Ende des vorgesehenen Rundwegs“, frage ich die Kassiererin. Nein, meint sie, es geht noch weiter.

Mir ist es noch zu früh, um jetzt schon einzukehren, also gehe ich weiter. Am Wegesrand sehe ich einen Wegweiser. Es ist ein aus Holz ausgesägter Fuchs, der mir den Weiterweg zeigt. Eine nette Idee! So führt mich der Weg über die Holztreppe des Trimm-Dich-Pfades weiter und oben erreiche ich das Waldkino: Auf einer etwa vier Mal vier Meter großen Leinwand wird der Film „Das grüne Wunder – Unser Wald“ gezeigt. Etwa acht Besucher sitzen schon auf den Bänken, ich geselle mich zu ihnen. Das Bild ist sehr gut, es ist mittlerweile ja schon richtig dunkel geworden. Ich gehe weiter und entdecke einen neuen Wegweiser: Diesmal ist es ein ausgesägter Hase. Damit weiß ich, dass ich noch richtig bin, denn hier sind nicht sehr viele Besucher unterwegs. Aber in der Ferne sehe ich schon eine brennende Fackel. Hier treffe ich einen alten Bekannten vom Forstamt, Marcel Lyschik. Er erklärt mir den kurzen Rundweg mitten durch den Wald, der sich nicht mehr auf dem normalen Wanderweg befindet.

Die Wegekreuzungen durch das Unterholz seien mit rot-weißen Bändern markiert, sodass ich bestimmt die richtige Richtung finde, meint er. Nach ein paar Minuten bin ich wieder auf dem normalen Wanderweg. Jetzt ist es auch einsam geworden. Vor mir noch drei Personen, hinter mir niemand mehr. Auf dem Weg sehe ich große Waldbearbeitungsmaschinen stehen. Kein Vergleich mehr zu meiner Jugendzeit, als man mit Traktor und Anhänger zu den Arbeiten in den Wald gefahren ist.

Ich erreiche die nächste Station. Hier dreht sich alles um die Waldbewirtschaftung. Mit Gerold Bittner vom Forstamt treffe ich einen weiteren Bekannten, mit dem wir zu meiner Zeit beim Kur- und Tourismusbetrieb Bad Wörishofen einige Projekte geschultert haben. Eine der großen Maschinen und abgelegte Stämme erklären uns, wie viel Holz täglich in unserem Bad Wörishofener Wald wächst: Es sind sage und schreibe täglich neun Kubikmeter. Das hätte ich nie vermutet! Nach einigen Minuten und netten Gespräche mache ich mich kurz vor neun wieder auf den Weg.

In der Ferne sehe ich bereits die eingangs erwähnten beleuchteten Bäume. Bin ich jetzt schon am Ende des Rundwegs? Es scheint so. Dort angekommen, treffe ich noch einen weiteren Bekannten vom Forstamt, Rainer Nützel. Auch mit ihm unterhalte ich mich ein paar Minuten über die gelungene Veranstaltung. Nun muss ich mich entscheiden: Nochmals zur Hütte in der „Teufelsküche“, um eine Brotzeit einzunehmen, oder wieder zurück zum Jagdhäusle. Ich entscheide mich für den Rückweg zum Jagdhäusle. Um 21 Uhr erreiche ich das Jagdhäusle und mein dort abgestelltes E-Bike. Von dort aus fahre ich gemütlich die drei Kilometer Strecke zu mir nach Hause zurück.

Ich bin froh, dass ich bei dieser ganz besonderen Veranstaltung dabei war. Und ich hoffe, dass sie im nächsten Jahr auf jeden Fall wiederholt wird.

Text und Fotos: Werner Büchele

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